Translate

Demnächst:

Nichts geschieht ohne Grund und die Lehre daraus ist nicht immer sofort begreifbar für uns. Oft werden wir den Sinn dieser Erfahrungen erst viele Jahre später erfahren und realisieren, dass es alles richtig war was passierte.

Dass alles einen Sinn ergibt

Dienstag, 22. Mai 2012

NEW LIFE


Das Telefon klingelt. Eine freudige Stimme die sie schon lange nicht mehr hörte erläutert ihr gerade eine sehr freudige Nachricht. Eine Nachricht auf die sie sehr lange wartete. Eine Nachricht, die sich wie eine Erlösung anfühlt. Nachricht die das ganze Leben verändern kann, hoffen lässt und sich wie Licht am Ende dieses Tunnels anfühlt. Nachricht, die ganz neue, positive Energie erwachen lässt, die wie der Achterbahn Zug sie in Sekunden in die Höhe treibt. Wie ein Rettungsring das unerwartet in das kalte Wasser des Ozeanes zur Rettung geworfen wurde, genauso wie sie Mal in diese Gewässer hereingeworfen war um zu beweisen wie gut sie schwimmen kann und die Lizenz zum Schwimmen auch verdient hatte.
Heute will sie nicht an das Morgen denken. Das Morgen kann so unterschiedliche Formen bekommen. Genauso wie ihr Leben im Polen, ihrer Heimatland zu dieser Zeit nie sicher war. Ein Leben das sie Entscheidungen treffen ließ diese Heimat von einer Minute auf die andere zu verlassen und es eine neue zu suchen. Ein sicheres Hafen das ihr sich wie zu Hause fühlen lässt.
Endlich diese Freiheit spüren. Den Duft, das Land der vielen bunten Farben und der Möglichkeiten. Der Uneingeschränktheit.
Ja, fliegen will sie nicht nur laufen. Niemand soll ihr das Fliegen verbieten. Fliegen will sie und die Welt erkunden. Hunger nach der weiten Welt stillen. Selbst entscheiden, wo sie ihr Leben leben und die Ruhe für immer finden kann.

Kolbaskowo (Deutsch-Polnische Grenze,) 3 April 1989
Sie weiß sicher die Marke des Fahrzeuges nicht mehr, mit dem sie die Grenze von Polen nach Deutschland passierte. Sie weiß auch nicht genau wer mit ihr in dem Auto saß. Ein paar Leute waren es. Ein paar Sachen in einer kleinen Tasche hinten in dem Kofferraum. Die Reise, ihr Weg in den ihr noch ganz unbekannten Westen war ganz unvorbereitet. Ein gerade neu ausgestellter Pass, ein Neuland des polnischen Staats Systems. Es roch noch so frisch und fühlte sich noch warm an. Das erste Mal im Leben ein Pass zu besitzen. Das Glück dabei zu haben gerade volljährig geworden zu sein. Sie fuhr in die Freiheit, in den Westen. Ein neues Leben das ihr ein Zuhause werden sollte.

Hier wird sie glücklich werden, hier wird ihr Kind geboren, das in ihr seit vier Monaten lebt. Hier wird sie den Man  ihres Lebens heiraten, ihre Liebe zu ihn nach Jahren des wilden Zusammenseins bekräftigen. Ihr neues, sehr erwachsenes Leben beginnen. Die Welt der bunten Magazine, die ihr nur aus Erzählungen bekannt ist, eine Welt ihrer Träume.
Sie erinnert sich an den Duft seiner Jeans Jacke die sie bei der Reise nach Deutschland an hatte. Sie liebte diese Jacke und den Duft, weil sie seinen Duft und diesen Man auch so sehr liebte. Ein Mix aus Zigaretten, Nacht Clubs und Parfüme die er immer benutzte. Der Mann, ein Mann ihrer Träume und nun trug sie den Frucht dieser Träume in ihr um es heute in den Westen zu bringen. Irgendwo dort in der Jeans Jacke wölbte sich ihre gerade mal 4 monatige Schwangerschaft. Eine, die sie  selbst sehr überraschte weil sie viel zu früh und ungeplant kam. Eine von der sie nicht ganz wusste ob sie sich eher  freuen oder Angst bekommen sollte. Nun jetzt war die Zeit nicht die richtige um darüber nachzudenken. Ihr Baby wuchs bereits in ihr. Sie trug die Verantwortung und die Entscheidung Polen, ihre Heimat zu verlassen war ein Teil dieser Verantwortung.

Das Auto fuhr sehr langsam zu der Grenz Wachstation. Ein paar Grenzbeamten stoppten es. Eine Grenzkontrolle. Angst wuchs in ihr. Angst das Land nicht verlassen zu können.
Viele waren es, die erfolglos versuchten den Weg in den Westen zu schaffen. Es war nicht einfach das Land in diesen Jahren zu verlassen. Noch komplizierter mit einer bereits sichtbaren Schwangerschaft. Sie knöpfte ihre Jacke zu mit der Hoffnung ihren Bauch verbergen zu können. Der Beamte schien etwas bemerkt zu haben. Ihr Herz schlug Millionen Mal schneller als sonst. Sie versuchte nicht viel in diesen Minuten zu denken und ihr keine schwarzen Wolken vor den Augen auszumalen. Es kommt immer Schwarz, wenn man es sich so ausmalt. Sie mag's Heute lieber andere Farben sehen.
Sie wollte nur noch weg von dieser Stelle, nur ein paar Meter hinter diesem Grenzschutz sein. Das Gefühl die erste Bürde überwunden zu haben.
Die Kontrolle dauerte lange, viel zu lange. Wer etwas sucht, wird immer findig. Ihr Pass wurde zur Kontrolle länger aufgehalten. Ihr Name mehrmals wiederholt. Kein guter Zeichen.
………………………………………………………………………………..................................................

Sie war etwa 14 Jahre alt als ihre Mutter in den Westen zog. Eine junge Frau die im Osten keinen Glück und keine Zukunft sah. Eine, die ein hartes, einsames Leben führte. Eine Frau, die die Liebe ihres Lebens nie gefunden hat, eine kurze Glücks Episode und viel zu früh die harte Realität des Lebens. Eine Frau, die so wie sie jetzt gerade in dem Westen ein neues Leben, ihre Zukunft finden wollte . Die Alles aufgab, selbst ihre Kinder, um Stück Hoffnung auf ein besseres Leben nicht an ihr vorbei gehen zu lassen. Sie zog nach Dänemark dorthin, wo ein neuer Man, ein neues Haus, ein Zuhause, eine bessere Zukunft auf sie wartete. Keine Ahnung ob sie wirklich nie vor hatte sie und ihre Schwester in den Westen zu sich zu holen. Sie versprach es zu tun bis es schließlich viel zu spät wurde. Sie war weg und begann ein Leben dort, wo hin nur ihre Vorstellungen reichen konnten.

Sie sind alleine geblieben. Sie und ihre Schwester. Und diese Hoffnung, eines Tages ihrer Mutter zu folgen, ein schönes Haus mit Garten und mit einem eigenen Zimmer zu bekommen, eine Familie wieder zu sein. Es blieb bei einem Traum und es begrüßte sie stattdessen eine harte, viel zu harte für dieses Alter Realität.
Undenkbar als nicht Volljährige eine Wohnung zu besitzen, alleine dort zu wohnen, keine Eltern mehr zu haben. Eine Mutter, eine Emigrantin. Eine Zukunft, die verbaut ist bevor sie noch richtig begonnen hat. Konsequenzen, die sie als Kinder zu tragen hatten. Keine einfache Realität begann. Realität, die sie schneller erwachsen werden ließ als sie es sich wünschten.

………………………………………………......................................................................................................

4 Jahre später, Deutsch - Polnische Grenze, 4 April 1989
Viel zu lange betrachtete der Grenzbeamte ihren Pass. Der Name ihrer Mutter konnte an der Grenze aufgenommen und gespeichert worden sein was für sie die Ausreise Sperre bedeuten würde. Minuten voller Angst. Ein unwahrscheinlicher Kitzel in ihrem Bauch als sie die Grenze nun endlich ohne Komplikationen passierten.

Frei! Die Freiheit wartete auf der anderen Seite, zum Greifen nahe.
Nur noch ein paar Stunden Autofahrt durch den Ost Deutschland und sie wird bald in ihrer neuen Heimat sein, dem Westen. Nach 2 Stunden war sie ein neuer Mensch. Der West Berlin lag zu ihren Füssen. Sie war ein Westler.
Nichts und Niemand wird sie jemals in den Osten bringen. Ein neues Leben begann.

………………………………………………………………................................................................................

Es ist nicht ohne Risiko, ein Leben aufzugeben und in dem Neuem wohl möglich nicht das vorzufinden wonach wir immer gesucht haben. Es ist ein Risiko von Zero anzufangen, sich zu trauen dem Neuem, Unbekanntem zu begegnen, sich auf 's Vieles einzulassen was nicht unser war. Es erfordert Mut und Risikobereitschaft solch ein Schritt im Leben zu tun und es ist immer möglich, dass dieser Schritt uns Meile zurück wieder wirft und unser Leben nicht zwingend dadurch besser wird. Viele, die aus ganz unterschiedlichen Gründen ihre Heimat verließen in der Hoffnung eine bessere, sichere Zukunft woanders aufbauen zu können. Ein großer Schritt, dass genauso wie die Hoffnung auch ein Risiko bedeutet.

Es bedeutet aber immer auch, dass wir Vieles dazu lernen, reifer, härter werden. Bewusster was es Fallen und Aufstehen bedeutet. Wie es ist ein Ausländer in einem anderen, fremden Land zu sein. Ein Fremder auf dem Niemand mit Begrüßung wartet. Wo keine Stütze aufgestellt ist an der Man sich abstützen kann wenn man keine Kraft mehr hat.
Eine harte Lernschule. 

Es bedarf den Mut um sich darauf einzulassen, jedoch auch eine Stärke sich bewusst gegen solch ein Abenteuer zu entscheiden und dem was es kommen könnte nie mehr nachzutrauern.
Die Entscheidung liegt in unseren Händen und nur wir und der lieber Gott kreieren gemeinsam unser Leben.
........................................................................................................................................................................

Es war ein Abschied ihrer Kindheit, ihrer Vergangenheit. Ein neues Leben grüßte.
Was sie damals nicht ahnte...

dass es noch vier lange Jahre dauern sollte bis sie Deutschland ihr Zuhause bezeichnen
und Land ihrer Kindheit erst nach 20 langen Jahren wieder besuchen konnte.


(Fortsetzung folgt im Buch: RED LINE - DER WEG ZUR SELBSTBESTIMMUNG)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen